Bad Kreuznach

Digitalisierung braucht Menschlichkeit

„Die Anbieter von Social Media sind wie Dealer“, Dr. Hajo Schuhmacher, Keynote-Speaker auf dem Wirtschaftstag der Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück ließ schon zu Beginn seiner Rede keinen Zweifel daran, was er von Facebook, Instagram, TikTok und Konsorten hält.

Journalist und Autor Hajo Schuhmacher verdeutlichte die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Demokratie.
Einen Scheck über 4.000 Euro überreichte Stefan Langenfeld überreichte an Liane Jung von den Franziskenerbrüdern vom Heiligen Kreuz zur Durchführung von Demenz-Projekten. Die Spenden kamen im Rahmen des Sommerfestes der Wirtschaft zusammen.
Thomas Wickert, selbst ernannter Digitalnomade, zeigte, wie sich die Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung verändert hat und wie Unternehmen von flachen Hierarchien und dynamischen Teams profitieren können.
Prof. Dr.-Ing. Norbert Wehn von der Technischen Universität Kaiserslautern verdeutlichte rasante Entwicklung der Mikroelektronik, die unvorstellbare Rechenleistungen ermöglicht.
Heiko Schmidt, COO von BI X, dem Digitallabor von Boehringer Ingelheim gab einen Einblick in die digitalen Entwicklungsprojekte des Pharmaunternehmens – unter anderem bei der Entwicklung von pharmazeutisch wirksamen Molekülen. Weiteres Beispiel war die Diagnose von neurologischen Erkrankungen durch Sprachanalyse und und die Beobachtungen von Tierseuchen in Ställen durch Geräuschaufzeichnung.

„Sie dealen mit Dopamin, dem Glückshormon, das bei jedem „Like“ oder positiven Kommentar ausgeschüttet wird.“ Geschäftszweck sei einzig und allein, die Benutzer möglichst lange am Ball zu halten.

Soziale Medien sind allerdings nur ein kleiner Teil dessen, was heute unter dem Begriff „Digitalisierung“ zusammengefasst wird. Die Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück präsentierte ein breites Spektrum ganz unterschiedlicher Aspekte – angefangen von den Fortschritten der Mikroelektronik als Voraussetzung für Digitalisierung, über die Zukunft der Arbeiten bis hin zu konkreten Anwendungsmöglichkeiten.
Doch die Aspekte, die Hajo Schumacher aufzeigte, gehen weit über die praktischen Dinge hinaus. Er reflektierte die Folgen insbesondere für das soziale Zusammenleben und insbesondere die Demokratie.
„Die Zunahme der persönlich gerichteten Aggression ist dramatisch. Die Bindekräfte innerhalb der Gesellschaft werden weniger“, so seine Diagnose.
Befördert werde dies durch die Veränderungen in der Medienlandschaft, denn diese verfolgen immer stärker eine Logik der Eskalation. Nur wer polarisiert und zuspitzt, kann bei der Jagd um Klicks und Likes erfolgreich sein. „Ist das der demokratische Dialog, den wir wollen?“, fragte er.
Insbesondere warnte Schuhmacher vor Naivität gegenüber den Unternehmen hinter den Social-Media-Plattformen. „Denen geht es einzig und alleine um unsere Daten“, erklärte Schuhmacher. Er präsentierte einen erstaunlichen Wert. Der durchschnittliche Benutzer hat einen Datenwert von 80 bis 110 Euro im Monat. „Hier geht es um Umsatz, nicht um Demokratie.“
Schon Justiz-Staatssekretär Phillip Fernis machte in seinem Grußwort deutlich, wie zwiespältig die digitale Revolution gesehen werden kann. „Wir haben eine neue Technologie und wissen nicht, was sie mit den Menschen macht“, erklärte er. Als Vergleich zog er die Röntgenstrahlung heran, die nach ihrer Entdeckung als Attraktion auf Jahrmärkten taugte und einen Blick in den eigenen Körper ermöglichte. Röntgengeräte standen sogar in Schuhläden, um zu sehen ob der Schuh tatsächlich passt – bis klar wurde, wie schädlich die Strahlung tatsächlich ist.
Allerdings hob er auch die positiven Seiten hervor, die Möglichkeiten der Telemedizin im Ringen um die ärztliche Versorgung des ländlichen Raums beispielsweise.
Als Resümee taugt ein Zitat von Thomas Wickart, der den Gästen des Wirtschaftstages im Praxisteil die Herausforderungen einer neuen Arbeitswelt präsentierte: „Je mehr wir digitalisieren, desto mehr Menschlichkeit brauchen wir …“

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