Idar-Oberstein

Gerechtigkeit, Anstand und Verantwortung

Wirtschaftstag diskutierte Unternehmenskultur und Führungsverantwortung in der Messehalle Idar-Oberstein

Stefan Langenfeld, Vorsitzender der Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück.
Frank Frühauf, Oberbürgermeister von Idar-Oberstein
(v. r.) Christoph Kaub, Thomas Fritz, Christoph Lanz und Frank Frühauf auf dem Podiium.
v. l. Matthias Schönberg, Andreas M. Neumann und Oliver Gozdowski,
Landrat Miroslaw Kowalski
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt
Wolfgang Grupp mit seinem Heli.
Wolfgang Grupp

Spektakulärer kann ein Auftritt kaum sein: Das Rattern der Hubschrauber-Rotoren kündigte die Ankunft des Gastredners vor der Messe Idar-Oberstein ein: Trigema-Patriarch Wolfgang Grupp war auf dem Weg zu den Unternehmern im Milden Westen.
Der Frühere Inhaber des Bekleidungsherstellers aus dem schwäbischen Burladingen war der Hauptredner auf dem diesjährigen Wirtschaftstag, der unter dem Motto „Unternehmenskultur und -führung im Milden Westen stand.
Rund 400 interessierte Gäste aus den Landkreisen Mainz-Bingen, Bad Kreuznach und Birkenfeld waren gekommen, um zu diskutieren und zu Netzwerken. Und dazu lieferte Wolfgang Grupp jede Menge Input – manchmal kontrovers, meistens überdenkenswert. Grupp hat sein Unternehmen mittlerweile an seine Kinder übergeben – operativ ist er jedoch weiterhin im Geschäft. „Im Alltag der Firma hat sich nichts geändert“, betont er.
Trigema sei der führende Bekleidungshersteller in Deutschland, erklärte er zu beginn – was allerdings nicht weiter verwunderlich sei, schließlich sei er der letzte verbliebene … Alle anderen haben ihre Produktion mittlerweile in Billiglohnländer verlegt. Nicht so Grupp und Trigema. Sein Rezept: Qualität und Flexibilität. Und seine Zuverlässigkeit als Unternehmer. Nie Kurzarbeit, hundert Prozent Eigenkapitalquote, noch nie habe er Mitarbeiter aus Mangel an Arbeit entlassen. Deshalb betonte er immer wieder, wie wichtig es sei, als Unternehmer auch persönlich Verantwortung zu übernehmen.
„Wenn Banker Milliardenverluste einfahren, sich aber als Millionäre ein schönes Leben machen, stimmt etwas nicht hier im Land“, klagte er. „Wir brauchen die persönliche Haftung zurück.“ Kein gutes Haar ließ er an jenen Unternehmern, die ihrer unternehmerischen Verantwortung nicht gerecht werden und Verluste sozialisieren. „Wir brauchen Gerechtigkeit, Anstand und Verantwortung zurück!“

Grupp nahm die Anwesenden außerdem mit auf eine Reise durch die Unternehmensgeschichte, die von ständiger Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen geprägt war: „Wir haben die Kaufhauskönige beliefert, später die Discounter, und als sie es mit dem Preisdruck zu weit trieben, haben wir unsere eigenen Geschäfte aufgemacht.“
Getreu dem Motto des Wirtschaftstages warf er auch einen Blick auf die eigene Unternehmenskultur, die in der heutigen Zeit durchaus außergewöhnlich anmutet. Zusammen mit seinen Verwaltungsmitarbeitern arbeitet er in einem Großraumbüro. „Nicht weil ich sie ständig überwachen will, sondern weil ich sie brauche“, betont er. Deshalb sei das Thema Homeoffice auch kein Thema für Trigema. „Wer zu Hause arbeitet, zeigt, dass er hier im Unternehmen nicht gebraucht wird.“

Anders hatten es die Teilnehmer der vorhergehenden Diskussionsrunde gesehen. Diese setzen das Werkzeug Homeoffice durchaus differenziert ein. Auch, um den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht zu werden, wie Dr. Andreas M. Neumann, Geschäftsführer der Lebenshilfe Werkstätten Bad Kreuznach gGmbH, betonte.
Die Diskussion unter der Leitung von Moderator Christoph Lanz zeigte, wie reflektiert die Unternehmen mit ihrer Unternehmenskultur umgehen und diese weiterentwickeln. Mit dabei waren der Idar-Obersteiner Oberbürgermeister Frank Frühauf, vor seinem kommunalen Amt selbst Unternehmer, Christoph Kaup, Geschäftsführer der HOWATHER Klimatechnik GmbH in Brücken, der erwähnte Andreas Neumann, Thomas Fritz, Geschäftsführer der Kentix GmbH aus Idar-Oberstein, Matthias Schönberg, Vorstandsvorsitzender der Kirner SIMONA AG und Oliver Gozdowski, Geschäftsführender Gesellschafter der Chemischen Fabrik Dr. Stöcker in Pfaffen-Schwabenheim.
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt lobte in ihrem Grußwort das Engagement der Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück und den Weitblick ihres geistigen Vaters, Werner Fuchs, der die Zusammenarbeit der Unternehmen über zahlreiche Grenzen hinweg initiiert und mit viel Geduld vorangetrieben hatte.
Auch auf die aktuellen politischen Entwicklungen auf Bundesebene ging sie ein. „Wir leben in politisch bewegten Zeiten. Mehr denn je brauchen wir heute Kompromisse in den großen gesellschaftlichen Fragen“, forderte sie. Der Idar-Obersteiner Oberbürgermeister Frank Frühauf und Landrat Miroslaw Kowalski betonten die Vorzüge des Standortes, sowohl für Existenzgründungen als auch als Standort für innovative Unternehmen. „Deutschland insgesamt ist nach wie vor ein hervorragender Standort für Innovationen“, betonte Frühauf. Das müssen wir uns wieder stärker bewusst machen!“ In eine ähnliche Richtung argumentierte Kowalski. „Wir haben hervorragende Unternehmen in der Region und in Deutschland. Das sollten wir nicht schlecht reden!“

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