Rhein-Nahe-Hunsrück

BioTech als neue Chance für den Milden Westen

Mainz und Idar-Oberstein profitieren von der innovativen und wirtschaftlichen Kraft des Impfstoffherstellers BioNtech. Allerdings steht häufig die Landeshauptstadt im Vordergrund, wenn über die Stärkung als Technologiestandort diskutiert wird. Das Thema hat jedoch Potenzial für die gesamte Region.

Die Unterzeichner der Resolution: (v. l.) Bettina Dickes (Landrätin LK Bad Kreuznach), Ralf Claus (OB Ingelheim), Dorothea Schäfer (Landrätin LK Mainz-Bingen), Günter Jertz (Hauptgeschäftsführer IHK Rheinhessen), Stefan Langenfeld (Vorsitzender Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück), Prof. Dr. Antje Krause (Präsidentin TH Bingen), Prof. Dr. Dorit Schumann (Präsidentin HS Trier), Arne Rössel (Hauptgeschäftsführer IHK Koblenz), Bruno Zimmer (Beigeordneter LK Birkenfeld) und Frank Frühauf (OB Idar-Oberstein). Nicht auf dem Foto: Dr. Heike Kaster-Meurer (OB Bad Kreuznach) und Thomas Feser (OB Bingen)

Da in dem Know-how und der Innovationskraft der Branche noch viel mehr Potenzial steckt, will die Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück gemeinsam mit Kammern und Hochschulen weitere Potenziale entdecken und wecken. 
Ende April wurde dazu eine Resolution verabschiedet, die den „Milden Westen“ als „BioTech-Valley“ profilieren will. „Wir glauben an die Idee des BioTech-Valleys im Milden Westen zwischen Birkenfeld und Mainz und wollen die einmalige Chance nutzen“, so der Schluss des Resolutionstextes, den 12 Vertreterinnen und Vertreter regionaler Institutionen unterschrieben haben. Neben der Regionalinitiative sind dies die beiden Industrie- und Handelskammern Koblenz und Rheinhessen, die Kreisverwaltungen Birkenfeld, Bad Kreuznach und Mainz-Bingen, die Städte Idar-Oberstein, Bad Kreuznach, Bingen und Ingelheim sowie die Hochschulen Bingen und Trier. Sie wollen gemeinsam die Chancen für das BioTech-Valley ausloten.

Zur Umsetzung der Idee wird nun gemeinsam mit der TH Bingen und dem Umwelt-Campus Birkenfeld (Hochschule Trier) eine Studie erarbeitet, die die Grundlagen in der Region zwischen Birkenfeld und Mainz aufzeigen soll.

„Wir wollen ein Signal an die Landesregierung senden: Hier steht eine Region zusammen“, so Stefan Langenfeld, Vorsitzender der Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück e. V.

Seit über 25 Jahren Jahren arbeitet sie unter dem Slogan „Der Milde Westen“ als Netzwerk für ein positives Image und eine bessere Wahrnehmung der Region. Einer der Ersten, der die Idee eines BioTech-Valley ausarbeitete war Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK Koblenz, die auch die Landkreise Birkenfeld und Bad Kreuznach abdeckt. „Der Ausbau des Biotechnologiestandorts ist ein Kernanliegen der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Allerdings befasst sich der Koalitionsvertrag mit der Stärkung der Stadt Mainz. Die Potenziale der angrenzenden Region bleiben unberücksichtigt. Das wäre aus unserer Sicht ein Fehler, denn längst haben sich wichtige Komponenten für ein BioTech-Valley im Mainzer Umland entwickelt“, erklärt Arne Rössel.

Insbesondere entlang der Nahe-Achse haben sich bereits namhafte innovative Unternehmen entwickelt, die Leuchttürme auf ihrem Gebiet sind. „Wir brauchen jetzt eine enge Verzahnung zwischen Wirtschaft, Politik und Forschung“, ergänzt sein Kollege Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der IHK Rheinhessen.

„Vor uns liegt eine historische Chance“, ist Frank Frühauf überzeugt. Er ist Oberbürgermeister der Stadt Idar-Oberstein, die als bedeutender Forschungsstandort von BioNtech vom rapide gestiegenen Gewerbesteueraufkommen profitiert. „Wir müssen uns jetzt für die kommenden zehn Jahre aufstellen und der ‚Milde Westen‘“ als bereits bestehendes Netzwerk ist der passende Rahmen dafür.“

„International kennt man keine Gemarkungs- und Kreisgrenzen“, ist der Ingelheimer Oberbürgermeister Ralf Claus überzeugt. „Da macht es Sinn, sich als Region zu positionieren. Ingelheim ist Sitz des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim und damit Heimat für Unternehmen, die bereits seit Jahrzehnten Kompetenzen auf diesem Gebiet aufgebaut haben.“

Ein wichtiges Argument für ansiedlungswillige Unternehmen ist die Verfügbarkeit von Fachkräften. „In den Orten jenseits der Ballungsgebiete haben wir noch bezahlbaren Wohnraum und Standortpotenzial“, betont die Bad Kreuznacher Landrätin Bettina Dickes. „Die unterschiedlichen Teilregionen wollen jetzt stärker zusammenarbeiten, um besser nach außen wirken zu können“, ist auch ihre Kollegin Dorothea Schäfer, Landrätin aus Mainz-Bingen, überzeugt.

Für die Ausbildung von Fachkräften sind die Hochschulen essenziell, die in Person ihrer Präsidentinnen mit an Bord sind. „Wir werden eine BioTech-Akademie aufbauen, die unterschiedliche Bildungsträger miteinander vernetzt. Ich sehe mich in Rheinland-Pfalz als Kämpferin für die ländlichen Räume und kleineren Hochschulstandorte“, so Prof. Dr. Antje Krause, Präsidentin der Technischen Hochschule (TH) Bingen.

Zu den ländlich geprägten Standorten gehört auch der Umwelt-Campus Birkenfeld als Teil der Hochschule Trier. „Eines unserer größten Ziele ist es, den Forschungstransfer voran zu bringen“, deren Präsidentin Prof. Dr. Dorit Schumann.

Schon heute bieten die beiden Hochschulen Studiengänge im Biotechnologiebereich an, beispielsweise die Medizinische Biotechnologie am Standort Bad Kreuznach der TH Bingen oder die Bioverfahrenstechnik am Umwelt-Campus Birkenfeld.

Die nächsten, nun folgenden Schritte beleuchtet Stefan Dietz von der entra Regionalentwicklung GmbH: „Um eine Strategie zu entwickeln, werden wir zunächst eine Bestandsaufnahme aller Akteure in diesem Bereich durchführen und die Akteure zusammenbringen. Am Ende wird eine Strategie stehen, die einen Entwicklungsprozess hin zum BioTech-Valley professionell begleiten kann und auch die Möglichkeit für Fördermittel aus Bund und Land schafft.“

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